
Fastenvorsatz: Wie wär’s mit mehr Mehrweg?
Das Frühjahr naht und mit ihm der Start in die neue Getränkesaison. Bier- und AF-Branche tüfteln an Innovationen, die nicht nur den Geschmacksnerv der kulinarischen Feinspitze, sondern auch den moralischen Nerv der Klima- und Umweltschutz-bewegten Bevölkerung treffen.
Von Hanspeter Madlberger
Den aberwitzigen Versuch, beide, vom Zeitgeist diktierten Trends auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, stellt die Stiegl „Hausbier“-Spezialität Zölibat (kein Faschingsscherz!) dar. Eine Limited Edition der Salzburger, die von 1.März bis 30.April am Markt ist. Ob dieses vollmundige Fastenbier mit seinem anzüglichen Namen in bewegten Zeiten wie diesen den Segen des Salzburger Erzbischofs bekommt, bleibt freilich dahingestellt.
Dabei gibt es eine viel näher liegende und weniger provokante Connection zwischen trendigem Bierkonsum und (Jahres-)zeitgemäßer Enthaltsamkeit: Getränke im Mehrweg-Gebinde zu kaufen, man könnte es auch „Einweg-Fasten“ nennen, das wäre doch ein verantwortungsvoller und wohl auch gottgefälliger Beitrag der Konsumenten und der Wirtschaft zur Schonung der Ressourcen unseres Planeten.
Äußerst begrüßenswert sind in diesem Zusammenhang die Initiativen, die der Logistikverbund Mehrweg (LVM) in diesen Wochen vom Stapel lässt. Zur Erinnerung: Der LVM ist eine Abteilung von GS1 Austria und wird von Professor Dr. Nikolaus Hartig mit viel Engagement geleitet.
Mehrweg-Display ist startklar
Hartigs Vorzeigeprojekt ist der neue Prototyp eines Mehrweg-Displays, für dessen Rollout die Signale auf Grün stehen. Jährlich werden im heimischen LEH 3 Millionen Kartonaufsteller platziert. Das entspricht einem Quantum von 18 Millionen Tonnen, die nach Aktionsende im Verpackungsmüll landen. Rund 60% dieser Menge lassen sich einsparen, wenn die Karton- durch die Kunststoff-Mehrweg-Displays ersetzt werden, die der Logistikverbund zusammen mit den Firmen Polymer und Packservice entwickelte. Spar und Ottakringer haben dieses Mehrweg-Display schon 2017 in Ostösterreich erfolgreich getestet.
Mehrwegsysteme setzen eine höhere logistische Intelligenz voraus, bewähren sich als Pool-Lösungen, die aufgrund von Branchen-Übereinkünften zwischen Produzenten und Händlern zustande kommen und bauen auf branchenspezifischen Logistik-Standards. Nach diesen Regeln funktioniert bei uns seit eh und je die Halbliter-Bier-Mehrwegflasche zusammen mit der Mehrwegkiste. Jetzt wird im Hartig-Braintrust über die breite Einführung einer 0,33 Liter-Bier-MW-Glasflasche nachgedacht. Wenn es stimmt, dass unsere Damen sich daheim gerne ein Seiterl Bier genehmigen und gleichzeitig aus Öko-Gründen zu Mehrweg tendieren, könnte die Rechnung aufgehen. Ebenfalls auf Hartigs Agenda steht ein speziell für Bier-Sechserträger gestalteter, brancheneinheitlicher Kisteneinsatz, wie ihn bislang nur die Brau Union exklusiv für ihre Biermarken kreierte.
Mehrweg-Plattform für Marken im Online-Handel
Ein viel kühneres und zahlreiche FMCG-Kategorien umfassendes Mehrweg-Modell soll im Mai dieses Jahres in Paris an den Start gehen. Laut „LZ“-Bericht bringt dort der US-Verpackungshersteller Terracycle die E-Commerce-Plattform Loop testweise auf den Markt. Es handelt sich um Mehrwegbehälter für Markenartikel, die im Online Handel verkauft werden. Sensationell daran: 25 Marken-Multis, darunter Procter & Gamble, Nestlé, Unilever, Coca-Cola, PepsiCo, Danone, Mondelez, Mars und Beiersdorf nehmen daran teil, Carrefour schließt sich dem Loop-Test mit seinen Bio-Eigenmarken an. Ähnlich wie bei den Getränke-Mehrwegsystemen im stationären Handel sind die über Internet verkauften Packungen (z. B. Shampoo-Flaschen, Süßwaren-Boxen oder Suppen-Gläser) bepfandet. Sie werden vom Systembetreiber aus den Haushalten zurückgeholt, gereinigt und anschließend den Erzeugern zur Wiederbefüllung angeliefert. Einmal mehr gilt der Grundsatz: Wo ein Wille, da auch ein Mehrweg.
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