
© Hofer
Hofers Marktanteil stagniert seit acht Jahren. Auf hohem Niveau
„Mein Hofer. Meine Nummer 1.“ Diesem Werbesujet des Discounters aus Sattledt begegnen Zeitungs- und Zeitschriften- Leser seit einigen Wochen recht häufig. Wortspielerische Assoziationen zu Polit-Akteuren wollen wir uns an dieser Stelle verkneifen, diese überlassen wir den Hofer-Anhängern.
Vielmehr schreiten wir zum Fakten-Check. Hofer die Nummer Eins, wie ist das zu verstehen? Der Marktanteil im Wettbewerb zwischen den Firmengruppen des LEH kann nicht gemeint sein, denn da liegt der Aldi-Süd Ableger seit Jahrzehnten auf Rang drei hinter den Formaten der Rewe und der Spar. Eine im Auftrag der Handelsfachzeitschrift „Cash“ vom TNS Info Research Austria in zwei Wellen durchgeführte Online-Befragung von insgesamt 1000 repräsentativ ausgewählten Konsumenten ergab, dass Hofer in den Kategorien Preis, Image, Personal, Infrastruktur und Marketing von diesem Sample jeweils 100 Punkte erhielt und damit in der Gesamtwertung auf Platz Eins landete. Es wäre eine lohnende Aufgabe für die Marktforschungs-Wissenschaft die Validität oder Invalidität dieser Bewertungen zu überprüfen. Der Ruf nach einem Objektivitäts-Check gilt gleichermaßen für den „Preisvergleich Supermärkte“, den der „Konsument“ in der Ausgabe 10/17 anstellte und unter Ausblendung der Warengruppen- und der Kundenkarten-Rabatte (!!!) dem Format Hofer die Siegestrophäe für den „billigsten Warenkorb“ bei den Preiseinstiegsprodukten zuerkannte. Den Hofer-Werbeleuten kann das freilich nur recht sein und so fand dieser hinkende Preisvergleich Eingang in die oben erwähnte Hofer-Werbung.
Hofers Reichweite ist seit 2009 am Plafond
Damit kein falscher Eindruck entsteht: Hofers Performance im LEH-Wettbewerb der letzten Jahre war zweifellos beeindruckend, aber man sollte doch die Kirche im Dorf lassen. Das Marktmacht-Gefüge zwischen den drei Handelsriesen hat sich jedenfalls mittelfristig so gut wie nicht verändert. Das zeigt eine Gegenüberstellung der aus den GfK-Daten abgeleiteten Marktanteile (ohne Berücksichtigung der Verbrauchsintensität der Kunden) der stärksten LEH -Vertriebslinien im achtjährigen Zeitvergleich der Perioden 1-5/2009 zu 1-6/2017:
Während die Rewe–Formate (Billa, Merkur, Penny, Adeg) per Saldo von 2009 bis 2017 vor allem dank Billa, rund 1,6% Marktanteilspunkte dazu gewannen und die Spar infolge der Umsatzsteigerungen von Eurospar und Interspar um 1,2%-Punkte zulegte (der aus Spar Express resultierende Umsatzzuwachs ist da noch nicht berücksichtigt), stagnierte Hofer in diesem Zeitraum bei einem Marktanteil von rund 19%. Hofers Reichweite hat längst den Plafond erreicht, pendelt bei GfK zwischen einem Wert von 85% und 86%. Im selben Zeitraum haben die Nummer Eins und die Nummer Zwei an Reichweite deutlich zugelegt. Die Rewe steigerte, vor allem dank des Billa-Relaunchs ihre Kundenzahl, die Spar Gruppe erzielte infolge kontinuierlicher Filialexpansion Reichweitengewinne in allen drei Formaten (Spar Supermärkte, Eurospar, Interspar). Vom unfreiwilligen Marktaustritt der Zielpunkt-Märkte, die zu ihren besten Zeiten einen Anteil von rund 3,5% hielten, haben 2016/2017 Spar, Hofer und Lidl sowie - in einem bescheidenen Ausmaß - auch Billa und Penny profitiert.
Loyalität der Hofer-Kunden ist seit 2009 unverändert
Besonders bemerkenswert: Hofers Bedarfsdeckungsquote als Gradmesser der Loyalität ist in den letzten acht Jahren trotz der umfangreichen Marketingmaßnahmen (Einlistung zahlreicher Markenartikel, Backstationen, Frisch-Convenience, Erweiterung des Bio-Angebots) nicht gestiegen. Sie lag im Zeitraum 1-6/2009 bei 22,2% und im ersten Halbjahr 2017 bei 22,0%. Hofers Strategiewechsel vom Hard Discounter zum Vollsortiments-Discounter und die diesen Prozess flankierende Flächenexpansion haben somit Hofers Marktposition gesichert aber nicht entscheidend verbessert.
Angesichts der Aufnahme zahlreicher führender Herstellermarken ins Hofer-Sortiment mag dieser Befund überraschen. Die Erklärung ist jedoch einfach: Die Loyalitätsrate der Hofer-Kunden war schon vor acht Jahren extrem hoch, sie ist seither nicht mehr gestiegen. Das lässt den Schluss zu, dass Hofer-Kunden, wenn sie Ariel oder Coca-Cola kaufen, nicht mehr so häufig zu den Hofer-Eigenmarken greifen und in Summe nicht mehr Artikel in den Einkaufswagen legen. Wohingegen Billa mit seiner breiten Palette an Marketingmaßnahmen in diesem Zeitraum die Bedarfsdeckung deutlich steigern konnte und im ersten Halbjahr 2017 mit 20,9% nur mehr 1,1 Prozentpunkte hinter dem stabilen Hofer-Rekordwert von 22,0% liegt
Wachstumssieger Lidl
Ultimativer Wachstumssieger in dieser acht-Jahre-Periode aber ist Lidl mit einem Marktanteilsplus von rund 2,5% Punkten. Die rasante Flächenexpansion ließ Lidls Käuferreichweite von 43,2% (1-5/2009) auf 56,0% (1. HJ. 2107) hinaufschnellen, die Bedarfsdeckungsquote stieg nur von 7,7 % auf 10,4%. Damit hat Lidl in dieser Disziplin zwar Penny (9,3% im 1. HJ 2017) überholt, aber auch heuer sind Hofer-Kunden, gemessen an ihrer Bedarfdeckung, mehr als doppelt so treu wie Lidl –Kunden. Der Lidl-Offensive seit Jahren erfolgreich standzuhalten, auch das muss daher als Erfolg der Hofer-Geschäftsführung verbucht werden.
Hofers Stagnation ist nicht nur auf die Marktanteilsgewinne von Lidl, sondern auch auf das gute Abschneiden der Verbrauchermärkte (Eurospar, Interspar, Merkur) in den Städten und auf die Billa Expansion im ländlichen Raum zurückzuführen. Übrigens schrumpfte der Adeg-Marktanteil in der Rewe Ära von rund 2,8% (1-5/2009) auf rund 1,8% (1.HJ.2017). Adeg ist hinter Billa, Merkur, Bipa und Penny das fünfte Rad am heimischen Rewe-Wagen, die genossenschaftlichen Gene der Rewe, blieben, was das Österreich-Geschäft betrifft, ohne erkennbare Wirkung. Kleiner Trost für die stark geschrumpfte Truppe der Adeg-Kaufleute: Unter der Edeka-Flagge zu segeln war bei weitem noch unerfreulicher.
Die Spar Gruppe hat in den vergangenen Jahren in Ostösterreich stark an Boden gewonnen. Sie hat von der Expansion der Spar Express Shops an Tankstellen profitiert (die vor allem als Sonntags-Nahversorger reüssieren). Und sie verdankt ihrer, im übrigen sehr ertragsstarken, Tochter SES die Interspar-Dominanz im Shoppingcenter-Geschäft. Neuerdings führt die Drexel-Truppe im Wettbewerb mit Hofer und Lidl, ihr Feinkost-Bedienungspersonal als USP ins Treffen. Wie Interspar-Chef Markus Kaser jüngst bei der GDI-Tagung ausführte, läuft bei seiner Verbrauchermarktschiene eine Gastronomie-Offensive an. Sogar einen Food Truck will Kaser auf Tour schicken.
Spürbarer Frequenzrückgang seit 2009
Vieles deutet darauf hin: Flächenexpansion, Diskont und Aktionitis sind als Treiber von Wettbewerbsvorteilen im LEH weitgehend ausgereizt. Jetzt ist Feinarbeit bei der Warenqualität, im Vertriebslinien-spezifischen Category Management (die Herausforderung schlechthin für den neuen Rewe Zentraleinkauf) und bei den Dienstleistungen angesagt. Das lässt sich auch der Diagnose entnehmen, die GfK-Geschäftsführer Ulf Schätzel am 18. Oktober in seinem Vortrag beim 6. Markant-Informationstag dem LEH stellte:
Stellt man die August-Resultate der Jahre 2016 und 2017 einander gegenüber, so
o stieg der Anteil der Handelsmarken –Umsätze von 32,9% auf 33,9%,
o sank der Aktionsanteil von 31,2% auf 29,9%, wobei allerdings die Getränke-Schleuderei weiterhin zunahm,
o ging mittelfristig, das heißt im Zeitvergleich 8/2009 zu 8/2017, die Häufigkeit der jährlichen Einkaufsakte um 15 % zurück,
o und sank die Zahl der im Lauf eines Jahres besuchten Einkaufstätten von 16 auf 13.
Die Discounter profitierten von dieser rückläufigen Frequenz, Hauptleidtragende waren die kleinen Nahversorger.
Ob und in welchem Ausmaß der medial gehypte Online-Verkauf von Lebensmitteln die Branche in nächster Zeit aufwühlen wird, darüber reden wir ein andermal.
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