Interview mit AGES-Geschäftsführer Dr. Heinz Frühauf
Die Handelszeitung hat den Geschäftsführer der Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) zu den jüngsten Ereignissen rund um die Entscheidung befragt, keine Zusatzgebühr von Lebensmittelhandel und -industrie zu verlangen.
Handelszeitung: Ist es richtig, dass der AGES „15 Mio. € pro Jahr“ fehlen, wie zu lesen ist?
Dr. Heinz Frühauf: Seit AGES-Gründung besteht zur Abdeckung aller Gesamtausgaben eine Unterfinanzierung von rund 20 Millionen Euro jährlich. Das wurde von unabhängigen Wirtschaftprüfern 2001 (ROI) und 2004 (Deloitte) bestätigt. Die Fokussierung der AGES auf gemeinwirtschaftliche Aufgaben (GESG, BGBl. I Nr.63/2002; Verordnung (EG) Nr. 882/2004), die sich im Laufe der Jahre vermehrt haben, schließt – mit Ausnahme der Tarifierung bislang unentgeltlicher Leistungen - signifikante Umsatzsteigerungen aus. Die defacto sukzessive Reduktion der Basiszuwendung durch die fehlende Indexierung der Basiszuwendung von 2003 bis 2009 und die steigenden Personalkosten durch die von AGES nicht beeinflussbaren Lohnerhöhungen (für Beamte, Vertragsbedienstete, Kollektivvertrag) führten dazu, dass die Schere größer wurde. Eine GmbH mit volkswirtschaftlichen Aufgaben, deren Kunden aufgrund gesetzlicher Vorgaben insbesondere der Bund und die Länder sind, kann keine signifikanten betriebswirtschaftlichen Umsatzsteigerungen erzielen.
Handelszeitung: Auf welche Art werden künftig die Lebensmittelkontrollen finanziert, wenn die geplanten Mehreinnahmen durch die Gebühr von kolportierten 28 bis 40 Mio. € wegfallen?
Dr. Heinz Frühauf: Die AGES ist keine Behörde, sondern eine privatrechtliche GmbH mit gesetzlich übertragenen Aufgaben im Bereich der Untersuchung und Begutachtung von Lebensmitteln. AGES fungiert hierbei als Amtssachverständiger für die im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung zuständigen Landesbehörden. Durch den Finanzrahmen 2012 bis 2015 ist die Finanzierung der AGES und damit auch jener AGES-Teilbereiche, die der Lebensmittel- und Verbrauchersicherheit und dem Täuschungsschutz dienen, durch den Bund bis zum Jahr 2015 aus dem Budget gesichert.
Handelszeitung: Wird es durch den Wegfall Änderungen in der Arbeitsweise der AGES geben? Wenn ja, in welchen Dimensionen?
Dr. Heinz Frühauf: Aus Sicht der AGES gibt es keinen „Wegfall“, sondern eine Lösung der Finanzierungsfrage durch den Eigentümer – die Republik Österreich. Unabhängig von der Finanzierungsfrage sind die Vereinfachung von Abläufen und Prozessen und kontinuierliche Strukturverbesserungen ureigenste Aufgabe des Managements der AGES. Das ist ein normales Vorgehen innerhalb einer GmbH, das wir permanent verfolgen. Im Vergleich zur Fortführung der 18 eingegliederten Bundesanstalten konnten wir seit AGES-Gründung im Schnitt 10 Millionen Euro pro Jahr an Kosten für den/die SteuerzahlerIn einsparen. Dies wurde u.a. durch Zusammenführungen in der Verwaltung sowie durch Leistungsbündelungen je Standort erreicht und das bei stetigem Wachstum unseres Leistungsangebotes.
Handelszeitung: Wie könnte eine - stellenweise geforderte - Strukturreform der AGES-Lebensmittelkontrolle ungefähr aussehen?
Dr. Heinz Frühauf: Das System der Lebensmittelkontrolle in Österreich umfasst die entsprechenden Dienststellen des BMG und des BMLFUW, Länder, Länderuntersuchungsanstalten und der AGES. Die AGES erfüllt in diesem Zusammenspiel bestimmte Aufgaben (im Wesentlichen: Probenanalyse, Befund- und Gutachtenerstellung, Methodenentwicklung, Berichtslegung, Risikobewertung, Risikokommunikation). Betriebskontrollen, Probenziehungen und Maßnahmensetzung im Falle von Beanstandungen erfolgen durch die Länder, Planung und Steuerung sowie Legistik durch die Ministerien. Eine Reform des Kontrollsystems muss daher mehr umfassen als eine AGES-Reform. Diese Entscheidung hat allerdings das Parlament zu treffen. Wenn es lediglich um Reformen in der AGES geht, müssen die Eigentümer die Entscheidungen treffen bzw. bedürfen maßgeblicher Änderung ebenfalls einer Beschlussfassung durch das Parlament (Änderung des GESG).
Handelszeitung: Vielen Dank für das Gespräch!
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