Metro-Turbulenzen
Der viel zitierte Handel im Wandel hat viele Facetten. Aktuell steht Diskontinuität bei den Eigentumsverhältnissen hoch in Kurs. Die jüngsten Turbulenzen beim Metro Konzern liefern dazu eine atemberaubende Case Study. Finanzjongleure wie der tschechische Milliardär Daniel Křetinský und Immobilien-Zampanos wie der Tiroler René Benko definieren den Begriff des Einzelhandelskaufmanns neu.
Der Metro Konzern mit Zentrale in Düsseldorf, präsentiert sich zur Zeit als Riesen-Baustelle. Nicht nur, was den operativen Bereich (Ausbau der Gastro-Zustellung), sondern auch was die Finanzstruktur betrifft. Eine Karikatur in der jüngsten Ausgabe der „LZ“ zeigt Metro Großaktionär Haniel auf hoher See, wie er sich im Rettungsboot vom schlingernden Metro Dampfer absetzt, weil dieser sich in den Fängen einer Riesenkrake befindet, die den Namen Křetinský trägt.
Die Fakten: Metro-Hauptaktionär Haniel will ein Stammaktien-Paket von 7,3% an die EP Global Commerce GmbH (EPGC) des öffentlichkeitsscheuen tschechischen Großinvestors Daniel Křetinský verkaufen. Weiters verfügt EPGC bereits über eine Option auf die restlichen 15,2% der Metro-Stammaktien, die sich noch im Besitz der Haniel-Gruppe befinden. Geschäftspartner sind Haniel und Křetinský auch bei der vor einem Jahr von Metro abgespalteten Firma Ceconomy, Eigentümerin der Elektronikmärkte Mediamarkt/Saturn. Denn diese erhielt bei der Trennung vom Metro-Konzern als „Mitgift“ ein Metro-Aktienpaket in Höhe von 10%. Jetzt verhandelt Křetinský mit Ceconomy über den Erwerb dieses 10%-Pakets. Wenn dieser Coup gelingt und der Tscheche die Option bei Haniel einlöst, avanciert er mit einem Anteil von 32,5% zum unangefochtenen Mehrheitsaktionär des Metro Handelskonzerns. Und er wäre, weil sein Anteil die 30%-Marke übersteigt, gesetzlich verpflichtet, allen anderen Aktienbesitzern ein Übernahmeangebot zu unterbreiten. Nach einem Haniel-Ausstieg schmilzt der Anteil der Metro-Gründeraktionäre dramatisch. Die Familie Schmidt-Ruthenbeck (ehemals Spar-Großhändler) hält nur mehr 13,5%, die Erben des 2013 verstorbenen Metro-Gründers Otto Beisheim besaßen im Geschäftsjahr 2015/16 noch einen Anteil von 9,1%. Die restlichen Metro Aktien in Höhe von rund 50% des Aktienkapitals befinden sich in Streubesitz.
Beobachter sind sich darin einig, dass der Kursverfall von über 40%, den die Metro Aktie in den letzten zwölf Monaten hinnehmen musste, die Ausstiegspläne des weit verzweigten Haniel Clans beflügelte. Weil im selben Zeitraum der Börsenkurs der Media/Saturn-Mutter Ceconomy dramatisch abstürzte, entstand jene Marktkonstellation, die wagnisfreudige Finanzinvestoren auf den Plan ruft. Für Křetinsky tut sich das Zeitfenster zum preisgünstigen Erwerb von Finanzbeteiligungen an einem Großunternehmen auf, das nach entsprechender Restrukturierung langfristig Erträge verspricht und deshalb auch mit Gewinn weiterverkauft werden kann. Öfters kommt dabei auch die Hebelwirkung des Leveraged Buyouts zum Einsatz, wo billiges Fremdkapital (dank niedriger Bankzinsen) kurzfristig zum Erwerb von Eigenkapital eingesetzt wird.
Haniel geht, Křetinský kommt, Benko lauert auf Kaufhof
Der Metro-Deal zwischen Haniel und Křetinský läuft also unter der Devise: Die Altaktionäre wollen Cash machen, indem sie ihre Anteile verscherbeln, der Investor rechnet sich Chancen aus, dass dieser Scherbenhaufen ihm Glück bringt. Unterschiedlicher können Erwartungshaltungen über die künftige wirtschaftliche Entwicklung eines Firmenkolosses wie der Metro kaum sein.
Deutliche Parallelen zu den Turbulenzen um die Eigentumsverhältnisse beim C&C-Giganten Metro sind bei der Warenhausgruppe Galeria Kaufhof zu beobachten. Knapp drei Jahre nach der Übernahme durch die Hudson Bay`s Company (HBC) schreibt das Unternehmen tiefrote Zahlen. Von einem Jahresverlust in Höhe von 100 Millionen € ist die Rede. Das veranlasste Richard Baker, den CEO des traditionsreichen kanadischen Handelskonzerns laut jüngster Ausgabe des „Manager Magazin“, mit Signa Eigentümer René Benko Kontakt aufzunehmen. In den nächsten Wochen wollen HBC und Signa über die gemeinsame Gründung einer Warenhaus AG verhandeln. Sie soll die 79, im Eigentum von Signa befindlichen Karstadt Warenhäusern mit den 41 Kaufhof- Warenhäusern in Deutschland zusammenführen. Dabei soll Signa einen 50%-Anteil an der Kaufhof-Immobilienfirma erwerben und 50,1% (also die Mehrheit) am operativen Geschäft der Kaufhof –Betreibe in Deutschland (Galeria Kaufhof), Belgien (Galeria Inno) und den Niederlanden (Hudson`s Bay) übernehmen. Karstadt Chef Stephan Fanderl soll künftig für die Umsätze in allen 175 Filialen von Karstadt und Kaufhof verantwortlich zeichnen. Auch für die Kaufhof-Betriebe in den Niederlanden, die derzeit besonders hohe Verluste schreiben.
Interessant ist, wie unterschiedlich deutsche und österreichische Medien die angepeilte Verschmelzung von Karstadt und Kaufhof kommentieren. Während die „Krone“ vom 1. 9. René Benko für seinen „deutschen Kaufhaus Coup“ mit dem Vorschusslorbeer des erfolgreichen Sanierers schmückt, gibt sich das Manager Magazin viel skeptischer: „René Benko muss für seinen Deal einige Giftpillen schlucken“, heißt es da unter Hinweis auf die hohen Bankverbindlichkeiten von Kaufhof, die Benkos Signa im Falle der Fusion übernehmen muss. Dazu kommt, dass HBC in den Niederlanden die Kaufhof-Standorte nicht besitzt sondern gemietet hat und den Vermietern Mietbürgschaften in Höhe von mehr als 500 Millionen € ausgestellt hat.
Der Schnäppchenkauf eines notleidenden Handelsunternehmens ist die eine Sache, der Abbau von Altlasten und die Entwicklung einer gewinnbringenden Marketingstrategie für einen Einzelhandels-Betriebstyp, dessen Glanzzeiten längst vorüber sind, eine andere. Dass Karstadt unter Fanderl 2017 erstmals schwarze Zahlen schrieb, besagt nicht viel. Weil es für die Signa-Gruppe ein Leichtes ist, Kosten und Gewinne zwischen den Immobilientöchter und den Einzelhandelsfirmen auf dem Wege der verrechneten Mieten zu verschieben. Radikaler Personalabbau (wie zuletzt für Kika/Leiner angekündigt) die Zusammenlegung von Hauptquartieren (wie für die deutsche Warenhaus AG geplant) und die Veräußerung besonders unrentabler Standorte sind noch keine Garanten einer nachhaltigen Sanierung der Filialketten. Die ist nämlich erst dann gegeben, wenn die Konsumenten wieder Vertrauen in die Ladenmarken fassen, Gefallen an den neuen Sortimenten, am Service, an der Kommunikation und am Preis/Leistungsverhältnis finden.
Unternehmer vom Schlage eines Benko oder Křetinský, die sich durch clevere Immobilien- und Finanz-Transaktionen Zugang zum Einzelhandel verschaffen, bringen viel frischen Wind in die Wirtschaft. Sie repräsentieren mit ihren turbokapitalistischen Geschäftspraktiken aber auch einen ganz anderen Kaufmannstyp als die Eigentümer traditioneller Handels- Familienunternehmen. Wo die Firmenchefs noch selber in der Geschäftsführung mitarbeiten und dafür Sorge tragen, dass Unternehmenskultur von Generation zu Generation weitergegeben wird. Handelshäuser wie das Familienunternehmen Kastner in Zwettl, das dieser Tage seinen 190.Geburtstag festlich beging und eine sensationelle Erfolgsbilanz vorlegen kann.
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