Normen ändern sich schneller und werden internationaler
Auch Normen können sich nicht den Trends der Zeit entziehen. Sie werden immer rascher beschlossen, ihre Gültigkeit immer internationaler. Das eine hänge mit dem rasch wechselnden Umfeld und modernen Kommunikationsmitteln, das andere mit der stärkeren Handelsverflechtung zusammen, sagte Elisabeth Stampfl-Blaha, Stellvertretende Geschäftsführerin des Austrian Standards Institute (Normungsinstitut) anlässlich des 90-jährigen Bestehens ihres Hauses.
Normen werden inzwischen von vielen Unternehmen als strategische Notwendigkeit erkannt. Denn wer eine Norm mitgestaltet, kann diese dann auch leichter erfüllen und hat damit einen Wettbewerbsvorteil. So habe eine heimische Firma den Schnuller-Markt in Großbritannien verloren, weil dort auf Basis einer britischen Norm nur Schnuller mit Ring zugelassen waren. Erst als eine europäische Norm auch Schnuller mit Knöpfen für zulässig erklärte - unter massiver Mitwirkung der Österreicher - tat sich der Markt wieder auf.
"Ein klares Beispiel, wie eine Norm als Handelshemmnis genutzt wurde", so Stampfl-Blaha. Die klassische Vorstellung, dass Normen schon bekannte Standards nachträglich festschreiben, sei völlig falsch. Derzeit werde der Rahmen für Elektro-Mobilität definiert: "Normen sind die Bedingung, damit sich der Sektor entwickelt kann", sagt Stampfl-Blaha, die Norm sei "der Schuhlöffel für Innovation". Umso bedauerlicher sei es, dass für Normungsarbeit im heimischen Budget real immer weniger Geld vorhanden ist.
Dabei seien die österreichischen Unternehmen überdurchschnittlich stark an Normen interessiert. Das liege an der langen Tradition des Normungsinstitutes und an der Geografie - nach Wien sind die Experten immer leicht gekommen. Das Normungsinstitut selber koordiniert dabei nur die Tätigkeit der Betroffenen, die eine neue Norm schaffen wollen. Selber darf es nicht einmal Vorschläge machen: "Das ist absolut tabu".
So war es beispielsweise das islamische Informations- und Dokumentationszentrum, das Normen zunächst für islamische Lebensmittel und jüngst für islamische Banken etablieren wollte. Überraschenderweise habe es dazu international noch keine Standards gegeben. Die Norm zu den islamischen Lebensmitteln ist bereits am Weg zu einer europäischen Regelung, bei Banken wird für die Zukunft daran gedacht.
"Internationale Karriere" haben unter anderem auch die in Österreich erarbeiteten Normen für Tauchlehrer, Kunsttransporte und Call Center gemacht. Mancher Politiker belächelt die Normungsarbeit, schüttelt Stampfl-Blaha den Kopf. Aber man müsse sich einmal überlegen, was ohne die gemeinsamen Regelungen wäre. Rund 40 Prozent der Warenproduktion in Europa läuft "genormt" ab, schätzt sie. In Österreich kommen jährlich rund 1.100 neue Normen dazu, gut 1.000 werden erneuert. Fast 5.900 Experten arbeiten daran. Am 1. Mai waren 22.220 Normen in Österreich gültig - 80 Prozent davon waren zugleich europäische Normen. Nun werde verstärkt der Dienstleistungsbereich erfasst.
Dabei sei eine Norm "das Gegenteil eines Patentes". Denn während die Norm den technologischen Standard für alle verfügbar mache, schließe das Patent alle anderen davon aus.
Info: www.as-institute.at
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