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Wohnen beim Diskonter
Der Platzmangel in Städten lässt Supermärkte beim Filial-Bau kreativ werden. Lebensmittelketten errichten immer mehr neue Standorte mit angeschlossenen Wohnungen und Gewerberäumen.
Handelsfirmen wie Aldi, Lidl oder Norma wollen die oft üppigen Flächen für Filialen besser nutzen. Deswegen wollen Händler ihre Märkte häufiger mit angeschlossenen Wohnungen, Arztpraxen sowie Kindergärten bauen. In Zukunft werden die großen Parkplätze vor Supermärkten sich eher darunter als Tiefgarage befinden. Ein Beispiel dafür ist Lidl mit seinen „Metropolfilialen“, eine davon gibt es bereits in Wien. Dieser spezielle Bautyp kommt mit der Hälfte der üblichen Fläche (6000 m2) aus. Um dies auch in Frankfurt zu realisieren, soll eine bestehende Filiale abgerissen werden. Laut Lidl belegt sie zu viel Raum für einen eingeschossigen Bau, besonders weil die Gegend durch mehr Wohnungsbau immer attraktiver wird. Neu errichtet soll der Standort insgesamt 110 Wohnungen direkt über dem Supermarkt beherbergen, weitere 70 in einem separaten Gebäude.
Mit den Plänen ist Lidl nicht allein. Die deutsche Handelskette Norma etwa hat im Obergeschoß einer Filiale in Nürnberg eine Kindertagesstätte errichtet. Außerdem hat der Konzern auf dem Grundstück auch den Neubau von Reihenhäusern und Geschoßwohnungen geplant. Der Diskonter Aldi Süd hat ähnliche Vorhaben: In Ballungsräumen wie Köln oder München sollen Filialen in Kombination mit Wohnungen realisiert werden. Der Schwesterkonzern Aldi Nord will in Berlin 2000 Wohnungen errichten.
Vor- & Nachteile
Ganz uneigennützig denken die Handelsriesen mit ihren Plänen aber nicht. Es geht nicht nur darum neuen Wohnraum zu schaffen, sondern auch um Profitabilität: In Metropolen sind rein eingeschossige Supermärkte plus Parkplätze wegen der hohen Grundstückpreise "wirtschaftlich nicht realisierbar", erklärte Rewe, die eher auf „City“-Filialen in städtischen Wohnhäusern setzt.
Marco Atzberger, Mitglied der Geschäftsleitung beim deutschen Handelsinstitut EHI stellt fest, dass Kunden die direkt über einem Lebensmittelmarkt wohnen auch dazu neigen dort einzukaufen. Manche Händler agieren vermutlich unter politischem Druck. Laut Atzberger dürften Handelsketten mit gemischt genutzten Immobilien leichter Baugenehmigungen in Städten erhalten.
Die neuen Filialtypen sind nicht ganz ohne Nachteile, denn sie verlangen eine aufwendigere Statistik. Zusätzlich ist die Vermietung keine Kernkompetenz von Händlern. Wenn Lebensmittelkonzerne Wohnungen in eigener Hand verwalten, sind sie Ansprechpartner für Reparaturen und Mieterbeschwerden. Eine Auslagerung dieser unbeliebten Aufgaben an Dienstleister würde sich erst bei vielen Objekten lohnen
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